Sonntag, 9. Oktober 2011

Rituale cisterciense Deutsch - 1. Buch, 19. Kapitel: Von der Beweihräucherung (I)





19. Kapitel: Von der Beweihräucherung

[1.] Die Materie des Räucherwerks soll einzig aus reinem Weihrauch bestehen, der einen guten Geruch [verbreitet]; wenn aber etwas hinzugefügt wird, überwiege die Menge des Weihrauchs bei weitem.
2. Wenn er jedoch ins Weihrauchfass einzulegen ist, hält der Thuriferar mit der Rechten das geschlossene Schiffchen mit dem Weihrauch und dem Löffel und trägt das mit glühenden Kohlen gefüllt und geöffnete Rauchfass mit der Linken; er verneigt sich vor dem Zelebranten. Dann nimmt der Diakon am Altar oder der assistierende Priester außerhalb des Altar[bereichs] mit seiner Hand das Schiffchen und legt, nachdem er es geöffnet hat, den leeren Löffel, den er küsst, in die Hand des Abtes oder (in seiner Abwesenheit) in die des zelebrierenden Priesters, die er ebenfalls küsst und spricht: Benedicite Pater Reverende [Sprecht den Segen, Hochwürdiger Vater]. Zum Herrn [Abt] von Cîteaux spricht er Reverendissime [Hochwürdigster].
3. Der Zelebrant steht, auch vor ausgesetztem Allerheiligsten, und nimmt drei Mal den Weihrauch aus dem Schiffchen, entblößten Hauptes (es ist erlaubt außerhalb des Altar[bereichs]) und nachdem er den Löffel empfangen hat; dann gibt er [ihn] drei Mal in das Weihrauchfass, wobei er spricht: Ab illo benedicaris in cujus honore cremaberis. Amen. [Von ihm mögest du gesegnet sein, zu dessen Ehre du verbrannt wirst. Amen.]  Der Thuriferar steht unterdessen zur Linken des Altardieners und hält mit der Rechten den Fuß des vor dem Zelebranten erhobenen Rauchfasses. Der Zelebrant hingegen macht mit der rechten Hand, nachdem er den Löffel dem Altardiener zurückgegeben hat, worauf der seine Hand und den Löffel küsst, das Zeichen des Kreuzes über den Weihrauch im Rauchfass.
4. Auf diese Weise wird immer und überall der Weihrauch eingelegt und gesegnet: Ausgenommen aber, wenn das Allerheiligste Sakrament ausgesetzt ist, [denn dann] wird [der Ritus] des Kusses unterlassen, und auch der Segen [wird unterlassen], wenn außerhalb der Messe ihm [dem Allerheiligsten] Weihrauch dargebracht wird. In Messen für Verstorbene wird gleichfalls [der Ritus] des Kusses unterlassen. Zum Offertorium jedoch in diesen Messen wird mit der eigenen Oration, die an ihrem Ort zu erklären ist, der Weihrauch gesegnet. Zur Elevation der Hostie und des Kelches in der Messe schließlich legt der Thuriferar selbst Weihrauch ohne Segen ein.


Vom Inzens des Altars
5. Nachdem der Weihrauch eingelegt und gesegnet wurde, nimmt der Diakon, wenn sofort inzensiert wird, wie in der Messe üblich, mit der Rechten das geschlossene Rauchfass vom Thuriferar, nachdem er dem Thuriferar das Schiffchen zurückgegeben hat, [und zwar] am oberen Teil der Ketten, und mit der Linken am unteren, wendet sich bald dem Zelebranten zu, küsst den oberen Teil des Rauchfasses und die linke Hand dessen, in die er diesen [Gefäß]-Teil legt, und mit ähnlichem Ritus legt er, nachdem er ihn geküsst hat, den unteren Teil der Ketten in die rechte Hand des Priesters, die der Diakon küsst.
6. Nachdem er das Weihrauchfass so empfangen hat, dass er es leicht führen und zurückziehen kann, beugt der Zelebrant vor dem allerheiligsten Sakrament die Knie mit den Altardienern [zu beiden Seiten => „hier und dort“], die ihm maßvoll die Kasel an den Achseln anheben, darauf inzensiert er aufgerichtet das Kreuz mit dreifachem Ductus, als würde er das Rauchfass ehrfürchtig darbieten; darauf beugt er die Knie wiederum.
7. Dann, wenn Reliquien oder Figuren der Heiligen auf dem Altar aufgestellt sind, inzensiert er diese, [und zwar] zuerst diejenigen, die auf der Evangelienseite stehen, indem er zwei Mal das Rauchfass schwingt, und gleicherweise diejenigen, die auf der Epistelseite stehen.
8. Dann wird der Inzens des Altars fortgeführt, wobei er drei Mal das Rauchfass in gleicher Entfernung von seiner Mitte bis zur Ecke der Epistel[-Seite] schwingt. Dann senkt er die Hand und inzensiert den hinteren Teil dieser Seite mit einem Ductus und mit einem weiteren den oberen. Darauf erhebt der die Hand, wendet sich dem Altar zu und beweihräuchert die Altarplatte mit dreifachem Ductus, als ließe er das Rauchfass kreisen, bis zur Mitte. Wenn er an der Altarmitte vorbeigeht, beugt er die Knie und beweihräuchert in gleicher Ordnung und Weise den anderen Teil dieses [Altars]. Nachdem er jedoch mit ebenso vielen Ductus den oberen Teil, den unteren und die Altarplatte der Evangelienseite inzensiert hat, führt er die Hand abwärts und beweihräuchert, als würde er zurückweichen, die Vorderseite des Altars von der Ecke der Evangelienseite an zur Altarmitte. Dort beugt er die Knie, schreitet zur Beweihräucherung der restlichen Vorderseite und bleibt an der Ecke der Epistelseite.
9. Nachdem er so den Altar inzensiert hat, gibt er das Rauchfass dem Diakon zurück, der dann unterhalb der besagten Ecke steht: Dieser legt die rechte Hand unter die Rechte des Zelebranten, die er küsst, nimmt das Rauchfass am unteren Teil der Ketten, mit der Linken jedoch am oberen, wobei er dessen Handhabe ebenfalls küsst. Dann jedoch tritt er in angemessener Weise zurück, inzensiert drei Mal den Zelebranten, wobei der sich vorher und nachher tief verneigt.
10. Fernerhin sei der Zelebrant, während er beweihräuchert, sich bewusst, dass er nicht den Kopf oder den Körper zugleich mit dem Rauchfass bewegt: Vielmehr hält die Linke bewegungslos die oberen Ketten, während er mit einer würdevollen und schönen Bewegung der Rechten das Rauchfass zugweise und gefällig mit angemessenem Intervall nach vorne und zu sich zurück schwingt. Deshalb bewege er, während er hin- und wieder zurückgeht, den Fuß, der dem Altar näher ist, und gleiche den Schritt dem Zug des Rauchfasses an, so dass Hände und Füße dezent in der Bewegung übereinstimmen.


Von der Beweihräucherung des Evangeliums und der Opfergaben
11. Wenn zum Evangelium Weihrauch genommen werden soll, wird zuerst etwas Weihrauch eingelegt und gesegnet, wie gesagt wurde. Nachdem jedoch der Diakon gesprochen hat Aus dem heiligen Evangelium etc. [und] während der Chor antwortet Ehre sei Dir, o Herr., beweihräuchert er das Buch, nachdem er das Rauchfass aus der Hand des Thuriferars entgegengenommen hat, der zu seiner Rechten etwas hinter ihm steht. [Er beweihräuchert es] zuerst in der Mitte, dann die rechte Seite dieses Buches, drittens schließlich die linke. Nach dem dritten Zug gibt er das Rauchfass dem Thuriferar zurück und singt das Evangelium.
12. Nachdem vom Zelebranten das Komm, Heiligmacher etc. [Veni, sanctificator] gesprochen wurde, wird Weihrauch eingelegt, wie oben gesagt, wenn die Opfergaben zu beweihräuchern sind: Er wird jedoch mit dem eigenen Gebet Auf die Fürsprache [Per intercessionem] gesegnet, wie im Messordo [angegeben]. Nachdem er sofort (wie wir gesagt haben) das Rauchfass entgegengenommen hat, ohne dass eine Ehrbezeigung gemacht wurde, zeichnet er (auch wenn das Allerheiligste Sakrament ausgesetzt ist) dreimal mit dem Rauchfass das Kreuz ab über Kelch und Hostie zugleich. Darauf umkreist er zweimal Kelch und Hostie von rechts nach links und einmal von links nach rechts.
13. Bei einem jeden Inzens aber betet er die folgenden Worte: Beim ersten Kreuzzeichen spricht er: Dieser Weihrauch [incensum istud], beim zweiten von dir gesegnet [a te benedictum], beim dritten steige, Herr, zu dir auf. [ascendat ad te Domine]. Beim ersten Umkreisen Und laß herabkommen [Et descendat], beim zweiten auf uns [Super nos]. Beim dritten Deine Barmherzigkeit [Misericordia tua].
14. Nach einer Kniebeugung und nachdem vom Diakon der Kelch beiseite gestellt wurde, inzensiert er aufgerichtet dreimal das Kreuz und beugt wiederum die Knie. Wenn er auch den Altar beweihräuchern muss, (wie es an Sermo-Festen und bei feierlichen Messen geschieht) beginnt er mit den Worten des Gebets Wie Weihrauch steige [Dirigatur] etc. und inzensiert das Kreuz, wie im Messordo angegeben. Und er fährt mit dem Inzens fort, wie oben unter Nummer 7, wobei er das Gebet so verteilt, dass es zugleich mit der Beweihräucherung beendet ist. Nachdem dies [so] vollzogen wurde, gibt er das Rauchfass dem Diakon zurück und spricht: Der Herr entzünde [Accendat] etc.
15. An Festen mit 12 Lektionen, während der feierlichen Oktaven und an Tagen mit zwei Messen (MM.) gibt der Zelebrant, nachdem er das Kreuz inzensiert hat, das Rauchfass dem Diakon zurück, ohne etwas zu sagen, und wäscht sich die Hände.

Von der Beweihräucherung der Personen
16. In feierlicheren Messen, nachdem der Altar zu Beginn der Messe beweihräuchert wurde, wird der Zelebrant mit dreifachem Zug vom Diakon inzensiert; gleicherweise auch nach dem Evangelium, wenn der Abt nicht im Chor sein sollte; wenn er jedoch anwesend ist, wird keiner von beiden beweihräuchert.
17. Wenn nach den Opfergaben auch der Altar inzensiert wird, hält der Diakon, nachdem er den Zelebranten wie oben beweihräuchert hat, das Rauchfass, beugt die Knie an der Altarstufe und begibt sich zur Presbyteriumsstufe, wo er stehend auf der Abtsseite zuerst den Abt selbst mit dreifachem Zuge inzensiert. Darauf den Kantor (wenn er mit dem Pluviale bekleidet ist) und nachher seine Chor[seite] mit doppeltem Zug. An dritter Stelle [inzensiert er], auf der Priorseite stehend, den Sukzentor, dann dessen Chor[seite]. An vierter Stelle [inzensiert er], nachdem er zur Altarstufe zurückgekehrt ist, auf der Evangelienseite den Subdiakon, dem er dann zugewendet steht. An fünfter Stelle wird er selbst, an seiner Stufe stehend, vom Thuriferar  ebenfalls mit doppeltem Zug inzensiert. Dann beweihräuchert der Thuriferar einen jeden der Akolythen mit einfachem Zug.
18. Wenn vielleicht ein zu beweihräuchernder Prälat anwesend sein sollte, zum Beispiel ein Kardinal, ein Legat oder ein apostolischer Nuntius, ein Erzbischof oder ein Bischof, [wird so verfahren]: Wenn er mit Mitra und Pluviale angetan ist, wird er zu Beginn der Messe nach dem Zelebranten inzensiert, nach dem Evangelium und zum Offertorium. Wenn er jedoch in gewöhnlicher Kleidung der feierlichen Messe beiwohnt, wird er nur nach den Opfergaben und nach dem Zelebranten beweihräuchert, [unf zwar] in dieser Ordnung: 1. natürlich (wenn es mehrere sind) der Kardinal, 2. der Legat oder apostolische Nuntius, 3. der Erzbischof, 4. der Bischof, 5. der benedizierte Abt. Doch wenn der Kaiser oder König anwesend sein sollte, wird er beweihräuchert vor dem Bischof oder Erzbischof. Doch in diesen Fällen sollen deren Kapläne und der Brauch befragt werden.
19. Das Allerheiligste Sakrament, das Kreuz, der Zelebrant, der König und die Prälaten werden mit dreifachem Zug inzensiert. Der Chor und die [geweihten] Altardiener mit doppeltem Zug, die Akolythen nur mit einfachem Zug.
20. Der Beweihräuchernde und der Beweihräucherte sollen einander zugewandt stehen und sich gegenseitig mit der Verneigung des entblößten Hauptes grüßen, wobei die Würde zu bedachten ist. Denn der Größere / Gewichtigere wird sich vor dem Kleineren / Unbedeutenderen nur leicht verneigen, und der gewichtigste inzensierte Prälat segnet den Beweihräuchernden: Wenn er die Mitra gebraucht und (liturgisch) bekleidet ist, soll er sie auf dem Haupt tragen, ausgenommen, wenn er nach dem Evangelium inzensiert wird.

Montag, 3. Oktober 2011

Klaus Gamber - ein Priester, Forscher und Kritiker

Msgr. Dr. Dr. Klaus Gamber (1919-1989)
 Die "Liturgiewissenschaftlichen Quellen und Forschungen", Band 98, stellen in ihrer Publikation "Gottesdienst als Feld theologischer Wissenschaft im 20. Jahrhundert", wie schon berichtet, viele eminente Liturgiewissenschaftler in Kurzbiographien vor. Auch Klaus Gamber gehört zu ihnen, obwohl der Laacher Benediktiner P. Angelus A. Häußling gleich zu Beginn seiner Zeilen ausführt, wie umstritten und streitbar der 1989 plötzlich Verstorbene war. Gleichwohl ist dem Verfasser eine Würdigung gelungen, die den Zuspruch des Gewürdigten gefunden hätte. Wiederholt führt Häußling aus, wie fleißig Gamber seine Forschungen betrieb und wie zahlreich seine Publikationen waren, die er, oft in eigens von ihm gegründeten Reihen, der Öffentlichkeit übergab. Klaus Gamber hatte einen eigenwilligen Stil, in der Forschung argumentativ weiterzukommen: Nicht selten waren es Vermutungen, von ihm selbst angestellt, die seine weiterführenden Thesen stützen sollten. Auch das ist manchmal vonnöten, gerade wenn man, wie Gamber, vor allem die Zeit vor dem Jahr 1000 beleuchtet. Weshalb Gamber hier vorgestellt wird, liegt deshalb aber auf der Hand: Seine Fleißarbeit "Codices liturgici latini antiquiores" versammelt die für die abendländische Liturgiegeschichte wesentlichen Quellen. Zudem gehörte die "Alt-Gallikanische" Liturgie zu den besonderen Interessengebieten von Msgr. Klaus Gamber, ein Umstand, der ihn empfänglich gemacht hat für die geistliche Dimension des spätantiken Christentums.